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Heilmann

Leseleben

Merk- und denkwürdige Impulse jeglicher Herkunft ohne Schere im Kopf

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Der Herbst, in dem ich Klavier spielen lernte
Hanna Johansen
Bereits gelesen: 39 %
Dokumentation pädagogischer Arbeit (Reihe Grundsatzfragen / Gelbe Schriftenreihe)
Wolfgang Trede, Heinz Henes
Bereits gelesen: 120/280 pages
Erziehungspsychologie. Begegnung Von Person Zu Person
Anne-Marie Tausch, Reinhard Tausch
Bereits gelesen: 26 %
"Nehmen wir zwei Schulfreundinnen im Teenageralter, Amina und Jane. Wir treffen sie direkt nach dem Attentat von Mumbai im November 2008, bei dem pakistanische Fundamentalisten fast zweihundert Menschen umbrachten.
Jane fragt: »Du bist Muslimin. Was hältst du von den Männern, die im ›Taj Mahal‹ in Mumbai Menschen umgebracht haben? Es war ein Hotel, die Leute aßen gerade zu Abend, sie waren zufrieden und taten nichts Böses.«
Amina: »Warum stellst du mir diese Frage?«
Jane: »Die Mörder waren Muslime, und sie riefen ›Allah ist groß!‹, als sie angriffen. Ganz offenbar glaubten sie, im Namen des Islam zu handeln. Du bist auch Muslimin.«
Amina: »Was hat das damit zu tun?«
Jane: »Es ist dein Gott.«
Amina: »Die Menschen töten auch im Namen deines Gottes.«
Jane: »Ja, vor ein paar Hundert Jahren.«
Amina: »Nein, heute, in Afghanistan und im Irak und in Tschetschenien.«
Jane: »Das geschieht nicht im Namen des Christentums. Vielleicht unterstützen Christen diese Kriege, vielleicht auch nicht, aber sie werden nicht im Namen der Bibel ausgetragen.«
Amina: »Doch. George Bush ist Christ, auf der Dollarnote steht ›In God We Trust‹, die amerikanischen Soldaten beten vor dem Einsatz. All das geschieht im Namen Christi, es ist ein christlicher Krieg gegen den Islam.«
Jane: »Aber diese muslimischen Männer, die in Indien im Namen des Islam getötet haben – sie unterschieden nicht zwischen Soldaten und Zivilisten. Ihre Opfer waren nur Touristen, die da beim Abendessen saßen.«
Amina: »Inder töten Muslime im Namen ihrer hinduistischen Religion.«
Jane: »Würdest du für deinen Gott töten? Würdest du mich, deine Freundin, umbringen?«
Amina: »Was für eine abstruse Frage. Warum fragst du so etwas?«
Jane: »Weil du sagst, dass das Christentum die Menschen dazu bringt, und der Hinduismus, und Muslime verteidigen sich im Namen des Islam … Würdest du mich töten? Wenn ein Muslim Angehörige meiner Familie töten wollte, würdest du ihn daran hindern?«
Amina: »Mir gefällt die Richtung nicht, in die unser Gespräch geht. Ich will nicht weiter darüber reden.«
Jane: »Würdest du mich töten? Würdest du einen Muslim davon abhalten, mich oder meine Familie zu ermorden?«
Amina: »Würdest du einen Christen daran hindern, mich im Namen des Christentums zu töten?«
Jane: » Wenn du so fragst, ja, das würde ich tun. Sofort. Und weißt du, ich bin keine Christin. Ich glaube nicht daran, dass wir Befehle einer höheren Macht befolgen sollten. Das Leben ist meine Religion.«
Amina: »Ich möchte wirklich nicht über dieses Thema sprechen.«
Jane: »Möchtest du nicht darüber reden, weil du mein Leben nicht retten würdest, oder weil …«
Amina, den Tränen nahe, schreit: »Ich weiß es nicht! Ich will das Richtige tun. Allah sagt mir, was richtig ist. Ich will einfach nur eine gute Muslimin sein, ich will keine Menschen töten, ich will nicht, dass Menschen getötet werden, ich will nur eine gute Muslimin sein.«
Jane: »Bist du sicher, dass du wirklich eine gute Muslimin sein willst? Hier!« (Sie zieht den Koran aus der Tasche und legt ihn Amina in den Schoß.) »Hast du den Koran gelesen? Weißt du, was dort steht? Hier schau mal. Hier steht: ›Töte die Ungläubigen.‹ Und hier verheißt er allen Ungläubigen ewige Strafen, hier, ich habe es dir markiert. Und hier heißt es: ›Schlage die ungehorsame Frau.‹ Und hier, wenn du weiterliest, steht da: ›Peitsche die Ehebrecher aus.‹ Bist du sicher, dass du tun willst, was Allah da von dir verlangt? Bist du wirklich sicher?«
Amina, jetzt in Tränen aufgelöst, schreit verzweifelt: »Ich will wirklich nicht darüber reden!«"
Ich bin eine Nomadin - Ayaan Hirsi Ali, Büro Mihr

Kap. 14; 75%

"während im Westen physische Gewalt als barbarisch angesehen und meist mit betrunkenen Fußballhooligans oder Drogendealern in Verbindung gebracht wird, ist sie im islamischen Kulturkreis immer noch ein integraler Bestandteil des Verhaltenskodex.
Wenn es ein unfehlbares Kennzeichen für eine fortschrittliche Zivilisation gibt, so mit Sicherheit die Ächtung und Kriminalisierung von Gewalt."
Ich bin eine Nomadin - Ayaan Hirsi Ali, Büro Mihr

Kap. 13; 70%

"Gewalt war also ein fester Bestandteil meiner Erziehung. Das lag aber keineswegs daran, dass ich das Opfer einer besonders gewalttätigen Familie oder schlechter Schulen gewesen wäre. Was ich erlebte, war typisch dafür, wie Menschen in der ganzen nichtwestlichen Welt mit Gewalt als gesellschaftlich anerkannter Norm aufwachsen. Ich weiß noch, dass ich während meiner Tätigkeit als Dolmetscherin in den Niederlanden einmal zu einer Grundschule in Den Haag gerufen wurde. Ich sollte für ein Paar dolmetschen, dessen ältester, siebenjähriger Sohn Mohammed einen anderen Jungen in seinem Alter, Mark, geschlagen hatte. Beide Elternpaare waren ganz aufgebracht, sie fühlten sich missverstanden und brüllten sich schon seit Tagen gegenseitig an. Jetzt versuchte die Schule, den Konflikt zu lösen, indem sie einen Dolmetscher einschaltete – mich.
Der Lehrer fixierte Mohammeds Eltern mit einem finsteren, missbilligenden Blick und begann: »Mohammed ist sehr aggressiv. Er hat Mark geschlagen, getreten, ihm ins Gesicht gehauen und gedroht, ihn umzubringen.«
Mohammeds Mutter antwortete mit erhobener Stimme und fuchtelte dabei wild mit der Hand vor dem Lehrer herum: »Es ist Marks Schuld. Er hat Mohammed provoziert, hat ihn beschimpft, demütigende Gesten gemacht und ihn ausgelacht.«
»Das stimmt«, warf der Lehrer ein. »Aber Mohammed hat als Erster zugeschlagen!«
Da warfen Mohammeds Mutter und Vater die Hände in die Luft und riefen unisono: »Natürlich wartet doch niemand, bis er zuerst geschlagen wird! Wir haben ihm beigebracht, jedes Kind ins Gesicht zu schlagen, das ihn schief anschaut.«
Der holländische Lehrer sah nunmehr verblüfft und fast sprachlos die Eltern an, dann mich, und fragte ungläubig:
»Bringen Sie ihm etwa bei, dass Gewalt die richtige Methode ist, Konflikte zu lösen?«
In Anbetracht der Verwunderung, mit der meine beiden Klienten sich ansahen, fragte ich, ob ich aus meiner Rolle als neutrale Übersetzerin schlüpfen und eine kulturelle Interpretation des Falles vorbringen dürfe.
Ich erklärte den Eltern, dass in Holland Konflikte anders als in Somalia durch Reden gelöst werden, Reden bis zum Umfallen auf der Suche nach einer Kompromisslösung. Und wenn das nicht funktioniert, geht man vor Gericht, wo das Reden von Menschen übernommen wird, die Anwälte heißen und einen vertreten. Das ganze Gerede endet schließlich mit einem Urteil, das von einem Richter verkündet wird. Hierzulande, erklärte ich weiter, müsse man nicht gut im Schlagen, Treten, Beißen, Kratzen oder Schießen sein. Neben dem üblichen Lehrplan mit Rechnen, Sprache und Geografie werde den Kindern auch beigebracht, Probleme mit Worten zu lösen, durch Worte einen Studien- oder Arbeitsplatz zu bekommen, mit Worten einer Frau seine Liebe zu gestehen oder Schluss zu machen und so weiter.
Dem holländischen Lehrer hingegen erklärte ich, dass in Somalia starke Clans ihren Kindern, Jungen ebenso wie Mädchen, die Vorzüge physischer Aggression beibringen: dass man möglichst als Erster zuschlägt, wie man reagiert, wenn man von einem Schlag überrascht wird, die Kunst der Täuschung beim Kampf – so tun, als sei man erledigt und dann zuschlagen, sich scheinbar entschuldigen, dann neuen Anlauf holen, die Taktik ändern und zurückschlagen. Meine ältere Cousine nahm mich zu »Kampfübungen« nach der Schule mit, als ich fünf oder sechs war. Ich wurde regelrecht aufgestachelt, mit einer Klassenkameradin einen Kampf anzufangen, die ihrerseits ebenfalls aufgehetzt wurde. Wir streckten uns gegenseitig die Zunge heraus, zogen Fratzen und beschimpften uns. Wir sagten etwa: Du bist gemein, verflucht, unanständig, ehrlos, kintirley (unrein, weil noch nicht beschnitten). Dann gingen wir, im Kreis johlender, älterer Verwandter, aufeinander los. Wir traten, kratzten, bissen uns, rangen miteinander, bis wir ganz zerkratzt, unsere Kleider zerrissen und die Knie vom Fallen ganz aufgeschürft waren. Wer als Erste aufgab oder weinte oder weglief, hatte verloren. In allen drei Fällen bekam man vom »Kampftrainer« harte Worte zu hören und wurde heftig geschlagen. Meine Trainerin war meine ältere Cousine, die einzige Tochter der Zwillingsschwester meiner Mutter.
In den ersten zwanzig Jahren meines Lebens war die Anwendung von Gewalt für mich ein natürlicher Teil des Daseins. Zu Hause schlug Ma mich und meine Geschwister. Wenn mein Vater bei uns war, verprügelte er meinen Bruder regelrecht, manchmal sogar lange und ausgiebig mit dem Gürtel.
Im Gegenzug schlug Mahad wiederum Haweya und mich, manchmal, weil er Ma in ihrem Versuch unterstützte, uns Manieren beizubringen und unseren Ungehorsam zu brechen, manchmal auch nur, um uns zu zeigen, dass er der Boss war, der stellvertretende Herr im Haus, der die Autorität meines Vaters durch seine eigene ersetzte. Damit Haweya und ich ihn ernst nahmen und seine Autorität anerkannten, musste er körperliche Gewalt einsetzen. Das hielten wir für ganz normal. Alle meine Schulfreundinnen hatten Angst vor ihren Brüdern und Vätern. Wir tuschelten untereinander über die verschiedenen Strafen, die es bei uns gab. Es waren durchweg Körperstrafen.
In der Schule hatten auch die Lehrer das Recht, uns zu züchtigen. In meiner Klasse benutzte Mrs. Nziani eine Schwarze Mamba, wie sie sagte, einen harten schwarzen Schlauch. Der Schmerz hing davon ab, wo sie einen traf und wie heftig sie zuschlug. Als Rechenlehrerin brachte sie uns richtiges Rechnen bei, indem sie uns für jedes falsche Ergebnis einen Schlag auf den Kopf gab. Das war ihre Lieblingsmethode. Manchmal hatte ich nur fünf von dreißig Rechenaufgaben richtig gelöst. Also bekam ich fünfundzwanzig Schläge mit dem Schlauch.
Manche Lehrer bevorzugten die Methode mit Bleistift und Lineal. Ein Bleistift wird so unter Zeige- und Ringfinger durchgeschoben, dass er den Mittelfinger nach unten drückt. Dann schlägt der Lehrer mit dem Lineal so fest wie möglich auf die Knöchel der Finger, die den Bleistift halten.
Mobbing war ebenfalls gang und gäbe an der Schule. Manche ältere Kinder taten sich gegen jüngere Schüler oder schwächere Altersgenossen zusammen. Sie bildeten einen Kreis um das arme Kind und prügelten ihm dann die Seele aus dem Leib. Es gab Zeiten, in denen ich glaubte, Kinder seien grausamer als Erwachsene. Jede Woche hielten uns die Lehrer Vorträge, warum Mobbing schlecht sei und dass die Täter bestraft würden – gewaltsam, versteht sich –, wenn man sie erwischte."
Ich bin eine Nomadin - Ayaan Hirsi Ali, Büro Mihr

Kap. 13; 68%

"Um Unterdrückung und Rechtlosigkeit zu begegnen, reicht es nicht, die eigene Verbitterung und den eigenen Zorn zu zeigen. Man muss die Sprache des Unterdrückers sprechen und die Klarheit des Verstandes besitzen, um die Prinzipien zu erkennen, die die Unterdrückung rechtfertigen, und sie dann intellektuell aushebeln."
Ich bin eine Nomadin - Ayaan Hirsi Ali, Büro Mihr

Kap.11; 60%

"Dieses ständige Geflüster und Getuschel, die permanente Überwachung jeder ungehörigen Geste und jedes erhobenen Blicks ist auch eine Art der Gefangenschaft, die jede Bewegung einschnürt. Wenn die Frau das Haus verlässt, hüllt sie sich in einen Schleier, und der bedeutet ebenfalls Gefangenschaft: Jeder Atemzug, den eine Frau außerhalb der eigenen vier Wände tut, wird durch einen dicken, schweren Stoff fast erstickt; jeder Schritt wird gehemmt, jeder Zentimeter Haut vor der Sonne versteckt.
Selbst draußen ist eine verschleierte Frau immer drinnen. Sie atmet stickige Luft; der schwere Stoff drückt gegen Augen, Nase und Mund. Alles tut sie verstohlen im Verborgenen. So halb blind und behindert, ohne jeden Kontakt zur Außenwelt, verlieren muslimische Frauen oft das Zutrauen in ihre Fähigkeit, selbst etwas zu tun. Jede unabhängige Bewegung fühlt sich seltsam an. Jede Frau, die über Jahre hinweg einen solchen Schleier getragen und ihn dann abgelegt hat, wird bezeugen, dass das Gehen zunächst fast schwierig ist – es ist, als würden die Beine unverhüllt nicht mehr so funktionieren wie zuvor.
Nach der ersten Regelblutung darf ein Mädchen zu Männern außerhalb der engsten Familie so wenig Kontakt haben wie möglich. In Saudi-Arabien sind Frauen von Gesetzes wegen in ihren Wohnungen eingesperrt; in anderen Ländern ist das nicht so, doch noch immer sind sie überall dort, wo es Muslime gibt, häufig Gefangene. Viele Araberinnen dürfen selbst nach der Heirat keinen Blickkontakt mit nicht verwandten Männern haben. Es ist schon ein Vergehen, wenn man einem Mann nur in die Augen schaut."
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Kap. 11; 57%

"Wenn man verstehen will, weshalb so viele junge Muslime für deren Überredungskünste empfänglich sind, muss man zunächst den Inhalt, den Kontext und die Methoden untersuchen, mit denen fast alle Muslime zu praktizierenden Muslimen erzogen werden, weil sich die Hassprediger vorhandene Gedächtnisspuren zunutze machen und Erinnerungen aus dem Unterricht der frühen Kindheit wiederaufleben lassen. Anfangs verstärken sie diese Erinnerungen, dann folgt die nächste Phase der Politisierung, erst zuletzt geht es um Gewalt und Märtyrertod.
Bei einem Muslim wird der Geist von Geburt an geprägt. Man wird angewiesen, sich zu unterwerfen, keine Fragen zu stellen. Wenn Prediger dann von der Rückkehr auf den reinen, wahren Pfad des Dschihad und der persönlichen Moral sprechen, wie sie der Prophet Mohammed niedergeschrieben hat, präsentieren sie etwas bereits Vertrautes, nichts völlig Neues. Sie stützen sich auf Schichten einer mentalen Struktur, die einem die Eltern, die Gemeinschaft, der Koranlehrer eingetrichtert haben. Genau deshalb ist die Phase vor der Radikalisierung – die Phase, in der der »reguläre« Islam gepredigt wird – so überaus wichtig. Als Erstes werden zwar die Gebetsvorschriften, die Wohltätigkeit und das Fasten gelehrt, aber Muslime lernen diese Regeln rein mechanisch; den Gläubigen ist es nicht gestattet, den Text oder die Aussagen des Propheten infrage zu stellen. Nachdem ein Muslim jahrelange unkritisch die Lehren des Islam allgemein und die Forderung nach Gehorsam speziell aufgenommen hat, ist sein Geist »bereit« oder »vorbereitet«, sobald ein radikaler Verfechter auf den Plan tritt.
Darüber hinaus erschwert es der Automatismus von Lohn und Strafe in der islamischen Lehre, verstärkt durch die Forderung nach bedingungsloser Gruppenloyalität, dem einzelnen Muslim, sich dem radikalen Vertreter zu widersetzen oder ihn nur als verdächtig zu betrachten. Wer sich den Kopf zerbricht, weshalb sich junge Muslime vergleichsweise einfach überreden lassen, den Extremisten zu folgen, muss eben diese Vorstadien genau analysieren. Weil die meisten Politiker und wissenschaftlichen Experten den Islam zu einer friedfertigen Religion erklären und Extremisten in ihren Augen auf Abwege geraten sind, übersehen sie, wie wichtig es ist, den Sozialisierungsprozess eines Muslims oder einer Muslimin unter die Lupe zu nehmen.
Amerikanische Behörden, Wissenschaftler und Psychologen machen einen großen Fehler, wenn sie versuchen, einen umgepolten Geist erst von dem Zeitpunkt an zu verstehen, wo er sich dem radikalen Islam zugewandt hat. Die Radikalisierung erfolgt in Stufen, das ist auch in den Vereinigten Staaten so. Anfangs wird sie als ein Programm für tugendhaftes Benehmen ausgegeben, als Anstand. Dann wird man aufgefordert, andere Muslime ausfindig zu machen, um sich miteinander anzufreunden. Das abschreckende Thema des gewaltsamen Dschihad wird erst in späteren Phasen erörtert. Die Vorgeschichte der Radikalisierung ist eine sanfte Gehirnwäsche in der Unterwerfung (die eigentliche Bedeutung des Wortes »Islam«) von Geburt an."
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Kap. 10; 53%

"Mit der Gründung einer muslimischen Schule an einem beliebigen Ort auf der Welt, aber vor allem im Westen, verschaffen sich reiche Wahhabiten und andere muslimische Extremisten eine Gelegenheit, Gruppen empfänglicher Kinder zu isolieren und zu indoktrinieren."
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Kap. 10; 51%

"Zum Beispiel weist die 4. Sure, Vers 34, Männer an, Frauen zu schlagen, von denen sie möglichen Ungehorsam fürchten."
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Kap. 10; 50%

"Ein bedeutender Nebeneffekt der Kolonialherrschaft war jedoch, dass europäische Länder ihre politische und rechtliche Infrastruktur in viele muslimische Länder importierten, was die Lage der Frauen erheblich verbesserte. Indem die ehemals kolonisierten Völker dies ignorieren und fortwährend einseitig auf koloniale Unterdrückung und weißes Sendungsbewusstsein verweisen, wollen sie nur von ihren eigenen Fehlern ablenken und jegliche Kritik abwehren. Nach dem Abzug der Kolonialmächte führten viele Länder die Scharia wieder ein – stets anfangs als »Familienrecht« (soll heißen: Frauenrecht) –, und in allen Fällen verschlechterte sich prompt die Lage der Frauen."
Ich bin eine Nomadin - Ayaan Hirsi Ali, Büro Mihr

Kap. 10; 49%

"Grob geschätzt wurden weltweit hundertdreißig Millionen Frauen die Genitalien beschnitten. Täglich wird der Eingriff an schätzungsweise sechstausend kleinen Mädchen vorgenommen. Wenn 98 Prozent der somalischen Frauen, 95 Prozent der Frauen aus Mali, 90 Prozent der sudanesischen Frauen beschnitten sind, wie viele Frauen sind das dann in jedem U-Bahn-Wagen in New York, auf jeder Autobahn in Colorado und Kansas? Wenn 97 Prozent der ägyptischen Mädchen genital verstümmelt sind, wie hoch ist dann der Anteil ägyptischer Mädchen in den Vereinigten Staaten, die beschnitten sind? Kein einziges? Das kann ich mir nicht vorstellen.* Aber meine Zuhörer wollten nicht glauben, dass es so etwas in Amerika geben soll.
Genau die gleiche Ungläubigkeit war mir natürlich schon zehn Jahre zuvor begegnet, als ich in den Niederlanden begonnen hatte, die Genitalverstümmelung anzuprangern. Die Holländer waren ebenso entsetzt wie die Amerikaner, als sie davon hörten, aber mir wurde fortwährend gesagt, dass Einwanderer nach Europa genau wüssten, dass diese Praxis in Europa illegal sei, folglich passiere das mit den Kindern schlichtweg nicht mehr, sobald sie in die Niederlande gelangt seien. Ich hatte meine Zweifel. Als ich Abgeordnete im Parlament wurde und an der Verabschiedung eines Gesetzes mitarbeitete, das die Behörden beauftragte, die tatsächliche Situation zu prüfen, fanden wir reichlich Beweise, dass kleine Mädchen, ohne Narkose, in Rotterdam und Utrecht auf dem Küchentisch beschnitten wurden."
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Kap 10; 48%

"Amerikanische Liberale tun sich allem Anschein nach mit meiner Kritik an der Misshandlung von Frauen im Islam schwerer als die meisten Konservativen. [...] Obwohl ihre Vorgänger einst für die Rechte der Arbeiter, die Rechte der Frauen und die Rechte der Schwarzen gekämpft haben, scheuen sich amerikanische Liberale heute, ihre Stimme gegen die Verweigerung von Menschenrechten im Namen des Islam zu erheben."
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Kap. 8; 41%

"Die Ungläubigen betrachten das Leben nicht als Test, als Aufnahmeprüfung für das Jenseits, sondern als eigenes Ziel und Quelle von Freude."
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Kap. 7, 35%

"Einwanderer aus traditionellen Gesellschaften, in denen seit Jahrhunderten die Abstammungslinien und Clan- und Stammeswerte herrschten, vollziehen den körperlichen Übergang in den Westen innerhalb weniger Stunden. Oft treibt sie die Sehnsucht nach einem besseren Leben, nachdem die Heimat zu einem hässlichen, abweisenden Ort geworden ist. Doch die Einwanderer aus der Stammeskultur und die Aktivisten in der reichen Welt geben sich der gleichen Selbsttäuschung hin: Sie glauben, man könne diesen Schritt machen, ohne sich für bestimmte Werte entscheiden zu müssen. Die eine Seite möchte, dass sich ihre Lebensverhältnisse verbessern, will aber ihre Traditionen nicht aufgeben; die andere, überwältigt von Schuldgefühlen und Mitleid, will bei materiellen Veränderungen helfen, kann sich aber nicht zu der Forderung an die Neuankömmlinge durchringen, traditionelle, veraltete Werte aufzugeben."
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Kap. 6, 31%

"Viele Patienten, die schließlich akzeptieren mussten, dass sie tatsächlich »Aydis« hatten oder etwas, das eines Tages zu Aydis führen würde, begriffen die Krankheit als Strafe Allahs, als eine Art Auspeitschung und Steinigung. Oft verweigerten sie die Behandlung, denn sie wollten ihre ursprüngliche Sünde nicht noch steigern, indem sie sich Allahs Richtspruch widersetzten. Andere leugneten ihre Krankheit standhaft, schliefen weiter mit anderen, selbst mit ihren ahnungslosen Ehepartnern, und gaben das Virus weiter.
Ich verstand die Reaktion meiner Cousine durchaus. Islam und Stammeskultur hatten das Natürlichste der Welt, ihre eigene Sexualität, mystifiziert und dafür gesorgt, dass sie sich nicht damit auseinandersetzte. Jetzt lebte sie in der Diaspora, und dieser religiöse Kontrollmechanismus konnte nur zu Verleugnung und Heuchelei, zu Selbstzerstörung und Vernichtung führen.
Ich fragte mich, wie Hirans Freund heute wohl über sein blindes Vertrauen in sie denken mag, das er doch so teuer bezahlt hat. Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Ich kenne ihn nicht. Aber als er sie kennenlernte, dachte er vielleicht: Sie ist Muslimin, sie trägt ein Kopftuch, sie verurteilt jede sexuelle Aktivität vor der Ehe, also muss sie Jungfau sein.
Wenn Anhänger kosmopolitischer, multikultureller Ideale in hohen Tönen von Toleranz und freundlicher Aufnahme und Wärme schwärmen, übersehen sie solche Folgen, unter denen Menschen wie der irische Freund meiner Cousine zu leiden haben.Sie heißen Menschen wie uns in der westlichen Gesellschaft willkommen und werden dann desillusioniert.
Wie soll man Hirans Handeln, oder besser ihr Nicht-Handeln, beurteilen? Sie wusste, dass sie positiv auf HIV getestet worden war. Sie wusste, dass sie sich das Virus durch Geschlechtsverkehr zugezogen hatte und es weitergeben konnte. Sie sagte ihrem Freund nichts, weil sie es nicht einmal sich selbst eingestehen konnte. Sie bestand nicht darauf, Kondome zu benutzen, weil sie ihren Zustand auch vor sich selbst verleugnete – sie hatte ihn aus der Realität verbannt.
Zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen trafen hier aufeinander. Einer entstammte einer Gesellschaft, die die Verantwortung des Einzelnen betont (in diesem Fall die sexuelle Verantwortung), der andere war von klein auf dazu erzogen worden, nach den Regeln der Gruppe zu denken. Hiran wuchs in Angst vor ihrer eigenen Sexualität auf, sie versank in Selbsthass, weil sie Sex außerhalb der Ehe hatte, und sie misstraute den Ungläubigen, weil man es ihr so eingeschärft hatte. Ihr Freund setzte Vertrauen in sie, sie missbrauchte es.
Als Hiran schließlich an AIDS erkrankte, ertrug sie den Druck nicht länger und litt immer wieder unter psychotischen Schüben. Erst jetzt erfuhr ihr Freund von ihrer Krankheit und ließ sich ebenfalls testen. Auch er war infiziert. Magool erzählte, er habe Hiran nach dem ersten furchtbaren Schock weiterhin im Krankenhaus besucht. Als sie wieder aus der Psychose auftauchte und normal genug war, um zu sprechen, fragte er Hiran, warum sie es ihm nie gesagt habe.
Magool war dabei und hörte auch, wie Hiran antwortete: »Du hast mich angesteckt. Ich habe es von dir!« Erst danach hörte er auf, sie zu besuchen."
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Kap. 6, 31%

"Sie setzten ihre Kinder emotional unter Druck, nicht »zu holländisch« zu werden, Somali zu sprechen statt Niederländisch und ihre Kultur nicht aufzugeben.
Diese Kinder waren schlecht in der Schule. Beim Einstufungstest bekamen sie Rätsel zu lösen, sie wurden aufgefordert, »bitte« und »danke« zu sagen und sich bei Tisch ordentlich zu benehmen. In Holland sind das wichtige Indikatoren dafür, ob Kinder sich altersgemäß verhalten. Doch all die somalischen Kinder, für die ich übersetzte – die sicher zu Hause auf dem Boden saßen und mit den Händen aßen –, versagten in diesen Tests. Und deshalb gingen sie nicht auf normale Schulen, sondern auf »Sonderschulen« mit »Förderunterricht«. Die niederländische Regierung gab viel Geld dafür aus, dass sie nicht den Anschluss verloren.
Es schien ein Muster solcher unüberwindlicher Diskrepanzen zwischen den Erwartungen der Eltern und der Realität des Kindes in vielen Immigrantenfamilien in Holland zu geben – nicht nur bei Somalis, sondern auch bei Familien aus Marokko, der Türkei, dem Irak, Afghanistan und dem ehemaligen Jugoslawien. Ich fand es verblüffend, dass Mitarbeiter so vieler unterschiedlicher Institutionen – Sozialarbeiter, Lehrer, die Polizei, der Kinderschutz, Behörden, die sich mit häuslicher Gewalt auseinandersetzten – davon ausgingen, es gebe da ein tief verwurzeltes kulturelles Rätsel, das sie nicht lösen könnten. An sich war diese Annahme nicht dumm, aber in einem nächsten Schritt wollten sie die rätselhaften kulturellen Normen schützen. Diesen Rat bekamen sie von Anthropologen, Arabisten, Islamwissenschaftlern, Kulturfachleuten und ethnischen Organisationen, die alle darauf bestanden, dass diese Verhaltensweisen etwas Besonderes und Einzigartiges seien, das man in diesen Familien bewahren müsse."
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Kap. 5, 27%

"Wir machen unsere Söhne. Das ist die Tragödie des muslimischen Mannes, der in eine Stammeskultur hineingeboren wird, und vor allem die Tragödie des Erstgeborenen: die übertriebenen Erwartungen, die zerstörerische Eitelkeit, das instabile Selbstwertgefühl, das sich aus der Unterdrückung einer Gruppe – der Frauen – speist, um das Selbstbild der anderen Gruppe aufrechtzuerhalten. Statt aus Erfahrung zu lernen, statt zu arbeiten, verlegte Mahad sich auf die verschiedensten Abwehrmechanismen wie Arroganz und Selbsttäuschung. Er suchte sich einen Sündenbock – irgendwie war immer jemand anderes an seinen Problemen schuld."
Ich bin eine Nomadin - Ayaan Hirsi Ali, Büro Mihr

Kap. 4, 24%